Ein Unternehmen ohne eigene Fabrik

15.03.2011
Foto: Dialog Semiconductor
Foto: Dialog Semiconductor

Der Chef ist selten da, produziert wird auf einem anderen Kontinent aber die Entwickler arbeiten in der Region Stuttgart. Im beschaulichen Nabern, einem Ortsteil von Kirchheim/Teck liegt ein Unternehmen, wie es globaler nicht sein könnte. Hier spricht man kein Hochdeutsch, aber Schwäbisch und Englisch. Die Dialog Semiconductor PLC bezeichnet sich selbst als einen der weltweit führenden Entwickler und Lieferanten von integrierten Mixed-Signal-Schaltungen. Diese Schaltkreise beinhalten sowohl analoge als auch digitale Schaltungsteile.

Der Name des Unternehmens ist Programm. Semiconduktoren sind Halbleiter, ohne die in unserer digitalisierten Welt nichts mehr läuft. Mixed-Signal-Schaltungen gehören zu den energieeffizientesten Halbleiterprodukten. Verwendung finden die Produkte von Dialog Semiconductor vor allem im Multimedia- und Hörfunkbereich. Dabei hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren auf die Geschäftsfelder Mobilfunk und Automobil spezialisiert. Computer, Telefone, Smartphones, MP3-Player, Radios, Fernsehgeräte, mobile Telefone, Smartphones, Navigationssysteme, Wasserwaagen. Sie alle benötigen die kleinen Wunderwerke, um zu funktionieren.

Halbleiter beherrschen unsere Welt

In beinahe jedem dieser Geräte, die wir bei uns tragen oder mit denen wir uns umgeben, steckt das Know-How der Ingenieursschmiede aus der Region Stuttgart. Zu den größten Abnehmern des Kirchheimer Unternehmens zählen unter anderem Apple, Bosch und Sony Ericcson. Die Anzahl der Teile, die in den vergangnen Jahren an Kunden ausgeliefert worden sind, beläuft sich auf über eine Milliarde.

Der Chef von Dialog Semiconductor, Jalal Bagherli, betreibt die Firma als reines Entwicklungsunternehmen. Ingenieure tüfteln hier an den Prototypen. Sie werden von TSMC in Taiwan gebaut, einem Chipriesen, dessen Produktionsgelände, die Größe einer Kleinstadt umfasst. Danach werden die fertigen Chips, deren Innenleben durch Gehirnleistung aus der Region Stuttgart entstanden ist, an anderen Orten in die entsprechenden Geräte eingesetzt.

Fasziniert von kleinen Chips

Der gebürtige Iraner Jalal Bagherli studierte und promovierte in England im Fach Elektronik. Er war unter anderem Manager bei Texas Instruments. Im Jahr 2005 übernahm Bagherli die Leitung des desolaten Unternehmens, das 1981 in Silicon Valley gegründet wurde, am Neuen Markt strauchelte und krempelte es komplett um.

Bagherli ist fasziniert von den Möglichkeiten, die Chips bieten. Kaum noch fingernagelgroß managen die Chips unsere Welt und unsere Kommunikation. Zum Vergleich: Der Chip, der in einer Glückwunschkarte steckt, die Happy Birthday dudelt, besitzt mehr Rechnerleistung als in den raumgreifen Computern der virtuellen Steinzeit.

Ein entscheidendes Kriterium bei der Weiterentwicklung ist mittlerweile weniger die Größe, sondern die Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz. Hier spielen integrierte Mixed-Signal-Schaltungen, die zu den energieeffizientesten Halbleiterprodukten gehören, ihre Stärke aus. Für digitale Aufnahmegeräte von Sony lieferte Dialog Bauteile, die bei höherer Klangqualität eine höhere Energieeffizienz garantieren. „Wir freuen uns sehr über diesen frühen Erfolg mit Sony, denn unsere ersten Audioprodukte haben wir erst in den vergangenen zwölf Monaten auf den Markt gebracht“, so Bereichsleiter Udo Kratz.

Weltweit einmalig: 3D-Konversion

Auch in anderen Bereichen sind die Entwicklungen von Ingenieuren aus der Region Stuttgart hoch innovativ. Vor wenigen Wochen hat Dialog Semiconductor einen weltweit einmaligen Chip vorgestellt, mit dem sich Videos auf Smartphones und Tablet PCs von 2D auf 3D konvertieren lassen. Zusätzlich wurde eine Steuerung eingebaut, die es erlaubt, 3D Videos ohne entsprechende Brille zu betrachten.

Mark Tyndall, für Entwicklung und Strategie zuständig, erklärt, dass es bislang kaum Anwendungen in 3D gibt. „Umso praktischer ist es, dass wir mit unserem neuen Produkt diese Möglichkeit bieten. Die Umwandlung von zweidimensionalen Inhalten in 3D ist so ausgelegt, dass keine zusätzliche Akkuleistung beim Handy oder Tablet PC abgezogen wird.“ Im Bereich Automotive ist Dialog Semiconductor ebenfalls präsent. Europas fünf führende Automobilfirmen nutzen das Know-How von Dialog Semiconductor in Steuerchips für intelligentes Motorenmanagement.

Expansive Zukunft

Erst kürzlich hat der Halbleiterkonzern das niederländische Unternehmen SiTel mit 140 Mitarbeitern übernommen. Der Anbieter von Technologien für die drahtlose Kommunikation im Nahbereich und VoIP-Anwendungen (Internet-Telefonie). Die Produkte von SiTel sind in vielen mobilen Endgeräten zu finden, darunter schnurlosen Digitaltelefonen, professionellen drahtlosen Headsets, Spielekonsolen sowie tragbaren medizinischen Geräten, so Dialog Semiconductor und „ergänzen unser Portfolio in idealer Weise, um unsere Geschäftsergebnisse weiter zu steigern,“ erläutert Jalal Bagherli.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Dialog Semiconductor hat das Geschäftsjahr 2010 mit einem kräftigen Umsatz- und Gewinnanstieg abgeschlossen. Der Umsatz legte um 36,3 Prozent auf den neuen Rekordwert von 296,6 Millionen US-Dollar zu. Das Betriebsergebnis wurde von 28,7 auf 45,3 Millionen US-Dollar gesteigert. Der Konzerngewinn wuchs von 32,7 auf 42,5 Millionen US-Dollar.

Um das persönliche Engagement der Mitarbeiter zu fördern, hat Bagherli ausnahmslos alle Mitarbeiter bis hin zur Sekretärin über Aktien am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Weltweit beschäftigt das Unternehmen inklusive der Neuübernahme von SiTel jetzt rund 550 Leute, in Kirchheim sind es 150. Dialog Semiconductor wächst weiter und sucht Entwicklungsingenieure für den Stammsitz in Kirchheim/Teck. Weitere Niederlassungen des börsennotierten Unternehmens sind über die ganze Welt verteilt, unter anderem in Japan, Korea, China und den USA.

http://www.dialog-semiconductor.com